Zu viel künstliches Licht zur falschen Zeit am falschen Ort beeinflusst das Verhalten vieler Tiere. Die Lichtverschmutzung ist bereits seit einiger Zeit als ein Grund des weltweiten Insektensterbens bekannt. Viele Fluginsekten werden nachts von den Lichtquellen angezogen, verwirrt und dadurch ein leichtes Opfer für Fressfeinde. Eine Forschung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt nun, dass die Lichtverschmutzung auch unter Wasser negative Auswirkungen hat.
Auf die Wellenlänge kommts an
Besonders Binnengewässer sind von der Lichtverschmutzung betroffen, da die Ufer häufig dicht bebaut und in der Nacht hell erleuchtet sind. Diese Lichtquellen ziehen auch die im Wasser lebenden Insekten und Larven an. «In den beleuchteten Gewässerabschnitten fanden wir signifikant mehr Insekten […] als in den unbeleuchteten. Das zeigt uns, dass der Staubsaugereffekt von künstlichem Licht selbst unter Wasser gilt. Das heisst, betroffene Insekten werden bei der Nahrungs- und Partnersuche beeinträchtigt und können leichter Beute räuberischer Arten werden», erklärt Franz Hölker, Forschungsgruppenleiter bei IGB. «Allerdings scheinen die meisten Arten der Wasserinsekten eher von langwelligem Licht, als von kurzwelligem angezogen zu werden». Grund dafür ist der Wasserkörper, der wie ein optischer Filter wirkt. Er verändert das Lichtspektrum und die Intensität des Lichtes. Während Fluginsekten besonders auf blaues, kurwelliges Licht empfindlich reagieren, schwächt trübes, mit organischem Material versetztes Wasser dieses blaue Licht ab. «Für den Schutz von Fluginsekten empfehlen wir, den Blauanteil des Lichts zu reduzieren, dies hilft nach unserer Studie aber nicht den Wasserinsekten. Daher wäre es für die Beleuchtung an Gewässern sicher sinnvoll, sich auf andere Massnahmen zu konzentrieren – beispielsweise die direkte Beleuchtung von Wasseroberflächen generell zu vermeiden sowie die Beleuchtungsintensität gewässernaher Bereiche zu reduzieren, ebenso die Dauer der Beleuchtung», schlussfolgert Franz Hölker.
Schlaflose Fische
Nicht nur Insekten werden von künstlichem Licht irritiert. Auch andere Wasserbewohner, wie beispielsweise Fische. Wie beim Menschen auch, wird die innere Uhr von Menschen durch den Melatoninspiegel getaktet: Über Lichtrezeptoren werden Unterschiede in der Helligkeit der Umgebung wahrgenommen. Bei viel Licht wird die Bildung von Melatonin unterdrückt, bei Dunkelheit wird mehr von diesem Hormon gebildet und der Körper wird müde. Künstliches Licht in der Nacht kann diesen Melatoninhaushalt stören. Forschende des IGB stellten dabei fest, dass bei Fischen bereits eine geringe Beleuchtungsintensität ausreicht, um die Melatoninbildung zu verringern. »Das Erstaunliche ist, dass die Intensitäten der Lichtglocke einer Stadt ausreichen, um die Melatoninbildung bei Fischen zu unterdrücken«, erklärt Franziska Kupprat vom IGB. Weltweit sind grosse Areale von dieser Art von Lichtverschmutzung betroffen. Ob Fische in der Stadt durch die Lichtverschmutzung unter Schlafmangel leiden, kann noch nicht abschliessend geklärt werden. Durch den gestörten Melatoninhaushalt werden jedoch auch andere Funktionen wie das Wachstum, die Fortpflanzung und die Immunabwehr beeinträchtigt.
Quellen und weitere Informationen:
IGB: Schlafen Stadt-Fische schlechter?
IGB: Insekten unter Wasser reagieren empfindlich auf Lichtverschmutzung
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