Im Namen der Natur gegen Wasserkraft

Ein umweltverträglicher Ausbau ist kaum mehr möglich Ein umweltverträglicher Ausbau ist kaum mehr möglich

Die Wasserkraft ist die wichtigste erneuerbare Energiequelle für die Schweiz, doch für die Natur hat sie verheerende Folgen. Ein umweltverträglicher Ausbau ist kaum mehr möglich.

Hohe Berge, viel Wasser: Die Schweiz ist wie gemacht dafür, Strom aus Wasser zu gewinnen. Die Wasserkraft wird in der Schweiz im weltweiten Vergleich auch ausserordentlich stark genutzt. Ganze 677 Wasserkraftanlagen produzieren heute knapp 58% des im Inland erzeugten Stroms.


Wasserkraft ist nicht grün

Obwohl Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle gilt: Sie ist nicht automatisch umweltverträglich. Viele Flüsse und Bäche sind bedroht, weil sie mit Kraftwerken verbaut werden. Fliessgewässer werden zur Stromerzeugung in dunkle Stollen abgezweigt, gestaut oder überflutet. Kleine Bäche werden vollständig trockengelegt und Fischwanderungen unterbrochen. Mehr als 2’700 Kilometer der Schweizer Flüsse liegen heute trocken oder führen zu wenig Wasser, sodass Fische und andere Lebewesen nicht mehr überleben können.

Flüsse und Bäche können dadurch auch wichtige Funktionen für uns Menschen nicht mehr erfüllen — sie liefern Trinkwasser, dienen der Bewässerung oder der Abwasserreinigung.

Mehr als 95% des nutzbaren Potenzials der Wasserkraft in der Schweiz sind bereits genutzt, die Grenze der ökologischen Belastbarkeit ist überschritten. Ein weiterer Ausbau durch Anlagen an bislang ungenutzten Standorten würde die letzten natürlichen Fliessgewässer der Schweiz zerstören.


Die Trift trifft es als nächste

Dennoch plant der Bund, mit der Energiestrategie 2050 die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft bis im Jahr 2050 zu steigern. Um dies zu erreichen, sollen sowohl bestehende Werke erneuert und ausgebaut, als auch neue Wasserkraftwerke realisiert werden.

So soll unterhalb des schmelzenden Triftgletschers im Berner Oberland ein Stausee erbaut werden. In den letzten 20 Jahren schmolz der Gletscher so stark, dass ein Gletschersee von 5 Millionen Kubikmetern entstanden ist. Dieser Triftsee gehört nun zu den wertvollsten und naturbelassensten Gewässern des Berner Oberlands. Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) planen schon seit längerem eine 20 Meter dicke und 177 Meter hohe Staumauer, die dereinst 85 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten soll. Damit würde nicht nur der natürliche Triftsee, sondern auch das bisher fast unberührte Gebirgstal mit frei fliessenden Bachläufen, biodiversen Alpwiesen und wertvollen Waldflächen unter Wasser gesetzt. 

Das Wasser soll künftig durch einen sechs Kilometer langen Stollen vom östlich gelegenen Steiwasser in den Stausee führen. Doch damit ist noch nicht genug verbaut: Um ein Bauprojekt an einem unzugänglichen Ort wie dem Triftgletscher zu realisieren, wo der schnellste Weg über einen eineinhalbstündigen Fussmarsch hinführt, braucht es einen 4 Kilometer langen, doppelspurigen Tunnel. Durch diesen würde das ganze Baumaterial hinaufgeschleppt und das Ausbruchmaterial abtransportiert. Erstmals in 30 Jahren würde damit in der Schweiz wieder ein Stück wertvolle Natur zu Gunsten eines Wasserkraftwerks überflutet und zubetoniert.


Photovoltaik anstatt Wasserkraft

Naturschutzorganisationen versuchen, das Projekt am Triftsee zu verhindern. Derzeit wurde die Planung abgebremst, da sich der Bund gegen die Unterstützungsgelder von 250 Millionen CHF ausgesprochen hat. Aber der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der damit verbundene Lieferunterbruch von Erdöl- und Erdgas lässt uns wieder stärker in Richtung erneuerbare Energien navigieren.

Das ist grundsätzlich zu begrüssen. Aber anstatt für die Wasserkraft wertvolle Naturgebiete zu verbauen, können Photovoltaikanlagen dezentral in bereits bebauten Gebieten installiert werden. Dächer und verbaute Flächen, auf denen sich Solaranlagen anbringen liessen, gibt es genügend. Technologien zur Stromspeicherung im Winter werden immer effizienter.

In erster Linie ist es aber entscheidend, dass wir unseren wachsenden Energieverbrauch reduzieren. Nur so können wir eine nachhaltige Entwicklung vollziehen.

 

Quellen und weitere Informationen:
WWF Schweiz: Wasserkraft
Pro Natura: Wasserkraft
SWV: Umweltauswirkungen Wasserkraft
Bundesrat: Wasserkraft Schweiz: Statistik 2020
Rettet die Trift

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